Objekt des Monats Juni 2024
Hutschachtel aus Fladungen
- Inventarnummer: 33582
- Hutschachtel, Ende 19., Anfang 20. Jh.
- Herkunft: Schuhhaus Schäflein, Fladungen
- Material: Pappe, Papier, Filz; geklebt, kaschiert, bedruckt, beschrieben
- Maße: 20,5cm (Höhe), 16cm (Breite maximal), 23cm (Tiefe)
Sogenannte „runde Hüte“ - gemeint ist der Zylinder - kamen Ende des 18. Jahrhunderts im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg in Mode und anschließend auch nach Europa. Sie waren Ausdruck der politischen Gesinnung, um sich von der herrschenden Schicht mit ihrem klassischen Dreispitz als Kopfbedeckung abzugrenzen. Seit den 1820er trat der Zylinder seinen Siegeszug in der Herrenmode an und war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bei offiziellen Anlässen und Feiern nicht wegzudenken. Unser Objekt des Monats ist zwar kein Hut per se, aber dessen einstiger Aufbewahrungsbehälter: Eine Hutschachtel aus Fladungen.
Die ovale Hutschachtel besteht aus Pappe, auf die außen ein weinrot-marmoriertes Papier kaschiert ist. Die Innenseite ist mit einem weißen Papier ausgekleidet. Aufgrund Ihrer charakteristischen Form, die sich nach oben weitet, beherbergte die Schachtel einst einen Zylinder. Die breitere Krempe zeigt in der Schachtel nach oben. Der Rand der Schachtel ist zusätzlich mit einem schmalen Filzband eingefasst. Dies sorgte dafür, dass der Deckel gut auflag. Der Deckel und der zugehörige Zylinder sind aber leider nicht mehr vorhanden. Dafür verrät die Beschriftung interessante Details: Auf der Vorderseite der Schachtel steht in goldener Schrift: „Franz Leutbecher“, „Hut=Lager“ und „Fladungen“. Handschriftlich wurde zweifach, einmal mit rotem Buntschrift und zusätzlich mit Bleistift, die Hutgröße „57“ vermerkt.
1905 gründete Franz Leutbecher, Sattlermeister aus Fladungen, ein Schuhgeschäft in der Dr.-Höffling-Straße. Bereits zuvor hatte er dort mit Schustereibedarf gehandelt. Neben Schuhen verkaufte Franz Leutbecher Allerlei, von Stoffen bis hin zu Hüten. Aus seinem Laden stammt auch diese Hutschachtel. Wer einst den Hut aus der Schachtel trug ist nicht überliefert. Auch ob Franz Leutbecher die Schachtel oder deren Inhalt einst selbst herstellte oder nur weiterverkaufte, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich bezog er die Kopfbedeckungen samt Hutschachteln von einem Händler oder Hersteller.
1925 übergab Franz Leutbecher das Geschäft an seine Tochter Sophie und deren Mann Valentin Schäflein, woher der neue Name „Schuhhaus Schäflein“ stammte. Nach dessen Tod führte Sophie und deren gemeinsame Tochter Waltraud, genannt Trudl, den Laden weiter. Waltraud Schäflein baute ihn mehrfach um und erweiterte die Verkaufsfläche. 2004 übergab sie den schließlich an ihre Tochter Sabine. 2005 konnte das 100. Jubiläum gefeiert werden. Das Schuhhaus Schäflein stellte 2018 eines der letzten Fladunger Einzelhandelsgeschäfte dar, bevor auch dieses aufgelöst wurde. Hut ab vor dieser Erfolgsgeschichte über vier Generationen hinweg.