Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Mai 2024

Ölschlagmühle aus Wiesthal

  • Inventarnummer: ohne Nummer
  • Exponatgebäude
  • Herkunft: Wiesthal, Landkreis Main-Spessart
  • Material: Fachwerk- und Massivsteinbauweise

Das Fränkische Freilandmuseum Fladungen besitzt eine sehr umfangreiche Sachgutsammlung. Von der Stecknadel bis hin zum Mähdrescher sind viele verschiedene Objekte vertreten. Aber auch die translozierten – d.h. die ab- und wiederaufgebauten Gebäude gehören zu unseren Exponaten. Deshalb stellen wir als Objekt des Monats Mai unsere Ölschlagmühle aus Wiesthal vor. Zum Deutschen Mühlentag am Pfingstmontag geht es wortwörtlich „Schlag auf Schlag“, wenn die Stempelpresse live im Betrieb zu erleben ist.

1833 errichtete der Wiesthaler Landwirt Sebastian Fleckenstein das kleine Mühlengebäude mit dem Hausnamen „Ruhölmühle“ in Fachwerk- und Massivsteinbauweise. Im waldreichen Spessart existierten früher viele Ölmühlen. Sie versprachen ein zusätzliches Einkommen in der armen Region. Die zahlreichen Buchen lieferten mit ihren Bucheckern eine besonders in Notzeiten geschätzte Ölsaat. Aber auch Leinsamen, Raps, Nüsse und Mohn wurden in der Mühle bis zu deren Stilllegung im Jahr 1951 verarbeitet.

Den Antrieb der archaischen Mühlentechnik bildet ein mittelschlächtiges Wasserrad, das eine Leistung von 5 PS erzeugen kann. Der Wellbaum im Zentrum des Rades treibt im Innern der Mühle zwei große hölzerne Stirnräder an. Ein zweiter, fast den gesamten Raum durchziehender, Wellbaum bewegt über zwei „Holznasen“ die Stempel des Öl-Schlagwerkes sowie treibt über ein „Stockrad“ den sogenannten „Kollergang“ an.

Zunächst wird die zu pressende Ölsaat im Kollergang unter zwei riesigen sich drehenden Steinrädern zerquetscht. Anschließend wird die zerkleinerte Masse in der sogenannten „Röste“ erhitzt, so kann die Ölausbeute zusätzlich gesteigert und der Geschmack beeinflusst werden. Danach füllt der Ölmüller den Samenbrei in kleine Säcke und setzt diese in die Presse ein. Die beiden schweren Holzstempel fallen im Wechsel herunter und „schlagen“ mit hohem Druck das Pflanzenöl heraus. So können zum Beispiel aus 50 Kilogramm Rapssamen 25 Liter Öl gewonnen werden.

Gute Pressungen verwendete man als Speiseöl, schlechtere Qualitäten als Schmiermittel für Maschinen und landwirtschaftliche Geräte oder als Brennstoff für Öllampen. Ein beliebtes Futtermittel für das Vieh sind die Pressrückstände, der sogenannte „Ölkuchen“.

Die Wiesthaler Mühle war eine der letzten Ölschlagmühlen mit Wasserantrieb in Unterfranken deren imposante Technik zum größten Teil im Original erhalten blieb. Am ursprünglichen Standort wurde sie in Einzelteile zerlegt und im Anschluss Stück für Stück nach Fladungen gebracht. Von 1986 bis 1989 wurde sie im Freilandmuseum an der Streu voll funktionsfähig wiederaufgebaut. Fehlerhafte Bauteile und die Mühlentechnik wurden dabei fachgerecht ergänzt oder überholt. Weitere spannende Infos zu verschiedenen Transzlozierungstechniken bietet unsere neue, interaktive und digitale Vermittlungsstation „Wir versetzen Häuser“.