Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Dezember 2021

Weihnachtsbaumschmuck

  • Inventarnummer: 17365
  • Reflexkugeln, verschiedene Formen, zwischen 1900 – 1960
  • Herkunft: Privatbesitz, Ostheim v. d. Rhön (Lk. Rhön-Grabfeld)
  • Material: Glas, Blech, Papier, Glasstaub
  • Maße: alle Kugeln ca. 7 cm im Durchmesser, maximale Länge 12 cm

In der Winterzeit war es üblich, Haus und Hof mit immergrünen Pflanzen zu verzieren. Weihnachts- oder Christbäume kamen im 15. Jahrhundert in Mode. Damals stellte man ganze Tannen – ohne jeglichen Schmuck – in die Stuben der Häuser. Ein dekorierter Christbaum wird erstmals 1597 in Rechnungsbüchern der elsässischen Reichsstadt Türkheim genannt. Diese „Gabenbäume“ der Ratsherren, Zünfte oder Kaufleute waren mit Papierrosen, Äpfeln, Oblaten und Zuckerwerk geschmückt. In den folgenden Jahrhunderten verbreitete sich die Tradition des Weihnachtsbaumaufstellens weiter in der bürgerlichen Oberschicht und an den europäischen Höfen. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das Aufstellen eines Tannenbaums, unabhängig von der Konfession, in der Bevölkerung allgemein üblich. Klassischer Baumschmuck waren Figuren aus Papier, aber auch Essbares wie Gebäck, Früchte und Nüsse. Zeitgleich entstand eine Christbaumschmuckindustrie, die neuartigen Baumbehang aus Glas, Papier, Pappe oder Metall produzierte. Die Geschichte des gläsernen Baumschmucks ist fest mit der Stadt Lauscha (Lk. Sonneberg) verbunden. 1848 erfand man dort die ersten Christbaumkugeln der Welt. Die frühen Exemplare waren noch sehr dick, mit Blei verspiegelt, und deutlich schwerer als heutige. Erst durch den technischen Fortschritt in den 1870er Jahren konnten dünnwandige Baumkugeln vor der Lampe geblasen werden. Neben der Produktion in Glashütten stellte man gläsernen Baumschmuck häufig in Heimarbeit her. Bis heute erzeugen viele Lauschaer Werkstätten filigrane Glaskugeln.

Auch diese sechs mundgeblasenen Christbaumkugeln wurden vermutlich im Raum Lauscha zwischen 1900 und 1960 hergestellt. Sie zeigen eine interessante Formenvielfalt: Klassisch als Kugel oder als Zapfen, kombiniert mit tropfenförmigen Elementen. In die dünnwandigen, wieder erwärmten, Glashohlkörper wurden mit Gipsstempeln sogenannte „Reflexe“ eingedrückt. Die geometrischen Formen spiegeln das Kerzenlicht besonders gut und erzeugen so eine festliche Stimmung. Die Innenseiten sind mit Silbernitrat verspiegelt. Anschließend fasste man die Kugeln außen mit Gelatinefarben oder rotem bzw. pinkem Lack. Die eingedrückten Reflexe wurden zusätzlich farbig gehöht. Eine Kugel erhielt zudem eine Beklebung mit Engelsköpfen aus Papieroblaten. Die weiteren Ornamente in Weiß oder Gelb zeigen florale und geometrische Formen. Zwei Kugeln sind außerdem mit weißem Glasstaub dekoriert, der an einen Schneeüberzug erinnern soll.
Der Erhaltungszustand ist trotz des fragilen Materials noch recht gut. Lediglich die verwendete Farbe auf Gelatinebasis zeigt Alterungsspuren und blättert teilweise ab. Außerdem weisen die Verspiegelung sowie die Ösen der Aufhängung Oxidationserscheinungen auf.

Christbaumkugeln werden mittlerweile maschinell in großen Stückzahlen, häufig sogar aus Kunststoff, in vielen Ländern der Welt produziert. Nichtsdestotrotz erfreuen sie sich noch immer großer Popularität und sind ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit geworden.