Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Juni 2021

Daubenkrug

  • Inventarnummer: 10620
  • Herkunft: Privatbesitz, Bad Neustadt
  • Kirmes-Bierkrug aus Holz
  • Holz, gesägt, geschnitzt, bemalt; Kupfer, gebogen, genietet
  • 30 cm x 18 cm x 15,5 cm

Krüge mit Klappdeckel erfreuten sich bereits in der frühen Neuzeit großer Beliebtheit. In unterschiedlichen Größen und Materialien ausgeführt, wurde aus ihnen in der Regel Bier oder Wein getrunken. Dieser Daubenkrug aus Holz, der etwa eine Maß Bier aufnehmen konnte, war allerdings nicht nur ein Trinkgefäß, sondern vorrangig ein Erinnerungsstück - an eine unterfränkische Kirmes des Jahres 1926.

Die konische Wandung des Kruges besteht, wie bei einem Fass, aus schmalen Dauben, die von vier Kupferreifen zusammengehalten werden. Die unteren beiden Reifen bilden eine Fußzone und rahmen, ebenso wie die oberen Reifen, eine umlaufende Schrift auf grünem Grund. Die Kupferreifen sind teilweise verrutscht und an einer Stelle hat sich die Vernietung gelöst. Dadurch sind kleine Spalten zwischen den Dauben entstanden und die Funktionalität als Trinkgefäß ist somit nicht mehr gegeben. Den runden Deckel ziert ebenfalls ein grüner Rand, mit einem kleinen orangefarbenen Dreieck auf der Vorderseite. Auf der Deckelfläche ist ein unleserlicher, runder Stempel zu erkennen. Der ohrenförmige, gesägte Griff aus Holz bildet zugleich das Scharnier für den Klappdeckel.

Auf dem oberen Schriftband findet sich die Aufschrift „Körmeß [sic!] im Jahre 1926.“ Im Fußbereich steht: „Wo volle Becher und Rosenlippen / Da musst du trinken und nicht bloß nippen“. Die Wandung ist im mittleren Bereich rot-braun grundiert und mit einer farbigen, detaillierten Bemalung versehen: Ein Kirmespaar ist beim dynamischen Tanz mit flatternden Haarbändern und wehendem Rock zu erkennen. An einer Hand halten sie sich fest, der Mann hebt mit der anderen Hand seinen Hut, die Frau hält ihre Schürze. Zu beiden Seiten des Paares sitzt jeweils ein Musiker auf einem Fass. Einer der Musiker spielt eine Ziehharmonika, der andere ein Holzblasinstrument (Klarinette/Schalmei). Alle abgebildeten Personen sind in stilisierte Trachten gekleidet und verweisen auf eine idealisierte, historische Volksfesttradition.

Die Kirmes (auch Kirchweih, Kermes oder Kerwa) war in Unterfranken fast überall eines der wichtigsten Volksfeste und ist es in vielen Dörfern, Märkten und Städten bis heute geblieben. Ursprünglich aus der kirchlichen Feier des Jahrestages der Kirchenweihe hervorgegangen, standen bald vor allem Tanz, Musik, Essen und Trinken im Vordergrund. Große Krüge wurden beispielsweise auch bei den traditionellen Umzügen der Kirmesburschen durch das Dorf getragen. Auf dem "Plan" (dem geputzten und hergerichteten Tanzplatz) tanzte die Kirmesgesellschaft, dazu spielte die Musik. Trachten und alte Musikinstrumente, wie sie auf unserem Daubenkrug abgebildet sind, fand man 1926 in Unterfranken kaum. Schwarze Sonntagsanzüge und Orientierung an städtischer Mode sowie Blechblasinstrumente bestimmten zu dieser Zeit die Kirchweih-Feste in der ländlichen Rhön. Die Darstellung auf dem Krug zeigt eher ein romantisches Idealbild als historische Realität. Bis heute finden sich vergleichbare stereotype Darstellungen ländlicher Festszenen auf Erinnerungsstücken und Andenken.