Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats März 2021

Kastenratsche

  • Inventarnummer: 23148
  • Herkunft: aus Privatbesitz in Wüstensachsen (Gemeinde Ehrenberg, Landkreis Fulda)
  • Klangkörper/"Lärminstrument" aus Fichten- und Buchenholz geschnitzt, gedrechselt und genagelt
  • 29 cm x 15 cm x 30cm

"Die Glocken sind nach Rom geflogen", so lautete eine der populärsten Begründungen für den Brauch des "Klapperns" oder "Ratschens" zwischen Gründonnerstag und der Osternacht, der sich in manchen Teilen der Rhön bis heute erhalten hat. Anstelle der Kirchenglocken riefen Kinder – lange Zeit vor allem Buben/Ministranten im Alter von 7 bis 14 Jahren – mithilfe einer Vielzahl von "Instrumenten" zum Gottesdienst. Die Bezeichnungen für die Ratschen unterschieden sich oft von Ort zu Ort. Am weitesten verbreitet waren "Klapper" und "Ratsche", aber auch "Rumpel", "Klapperkasten" und "Kärre" ließen in der Rhön ihren charakteristischen Lärm erklingen.

In unserem Fall handelt es sich um eine sogenannte Kastenratsche, die aus Wüstensachsen (Lk. Fulda) stammt. Auf einem Resonanzkörper sind vier Zungen mit einem querliegenden Brettchen am unteren Ende fixiert. An ihrem losen Ende sind die Zungen mit kleinen Hammerköpfen ausgestattet. Von den Zapfen, die auf der zylindrischen Achse angebracht sind, werden die Hämmer in gewissen Abständen angehoben und schlagen dann auf dem Resonanzkörper auf. Die Achse wird durch eine seitliche Kurbel bewegt, womit sich Tempo und Rhythmus des "Klapperns" variieren lassen. Zum Spielen der Ratsche wurde diese entweder auf den Boden gelegt, mit einem Arm vor die Brust geklemmt oder mit einem Schulterriemen vor der Hüfte getragen. Diese Ratsche wurde eine Zeit lang auf letztere Weise verwendet, wie sich an Textilresten am Kastenboden erkennen lässt. Aufgrund der seltenen Nutzung kam es häufig zu Schäden bei der Lagerung. Auf diese Weise könnte auch einer der Zapfen verloren gegangen sein.

Beim "Klappern" liefen die "Klapperbuben" oft von Haus zu Haus und bekamen für das Klappern und das Aufsagen oder Singen von kurzen Reimen und Liedern eine "Entlohnung" in Form von Süßigkeiten, Trockenobst und Eiern. Der Wunsch, die lärmenden Kinder nur möglichst kurz vor der eigenen Haustür zu haben, bot sicher ausreichend Motivation, mit Eiern und Süßigkeiten nicht zu sparsam zu sein. In Corona-Zeiten ist dieser Brauch nur schwer auf traditionelle Weise umzusetzen, im letzten Jahr wurden aber bereits neue Wege gefunden, wie beispielsweise das Distanz-Klappern auf dem eigenen Grundstück oder am Fenster.