Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats November 2021

Spielzeugpferd

  • Inventarnummer: 33540
  • Herkunft: Privatbesitz, Bischofsheim (Lk. Rhön-Grabfeld)
  • Spielzeugpferd aus Holz, um 1930
  • Material: Holz, Leder, Rosshaar, Eisen, Textil
  • Maße (gesamte Konstruktion): 92 cm (Höhe) x 42 cm (Breite) x 133 cm (Länge)

„Der Mensch (…) ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ So hatte bereits Friedrich Schiller seine Einschätzung zur existenziellen Bedeutung des Spielens für unsere Entwicklung und unsere Kultur formuliert. Spielzeug hingegen wurde meist auf besondere Weise mit dem Kindesalter verknüpft. Schon in der Antike fanden Puppen aus Naturmaterialien und einfaches Spielzeug aus Ton und Bein den Weg in Kinderhände. Eines der beliebtesten Vorbilder für Spielzeug war über Jahrhunderte hinweg das Pferd, welches sich als Steckenpferd, Rollpferd, Pferdefigur oder Schaukelpferd in zahlreichen Haushalten Europas wiederfand.

Der Körper des schreitenden Pferdes ist aus Holz geschnitzt. Beine und Hals (mitsamt Kopf) sind am Rumpf angesetzt. Die großflächige, weiß-graue Fassung imitiert die Fellfarbe eines sogenannten "Apfelschimmels". Ohren, Nüstern, Zunge und Augen sind farblich abgesetzt und verleihen dem erhobenen Kopf Ausdruck. Mähne und Schweif wurden aus hellem Rosshaar gefertigt. Durch Zaumzeug und Sattel aus Rindsleder ist das Pferd als Reittier charakterisiert. Zwei eiserne Steigbügel, die einst am Sattel befestigt waren, sind als Einzelteile überliefert. Von der urspünglich vorhandenen roten Satteldecke haben sich nur noch spärliche Reste erhalten. Dem Pferd ist deutlich seine langjährige Nutzung anzusehen. So weist die Fassung zahlreiche Gebrauchsspuren auf und die Haare des Schweifs fehlen fast gänzlich.

Die braun gefasste Unterkonstruktion besteht aus zwei Elementen: Auf der länglichen Holzplatte ist das Pferd befestigt, das darunter befindliche Gestell mit geschwungenen Kufen ermöglicht ein Wippen bzw. Schaukeln des Pferdes. Durch das Lösen zweier Schrauben lassen sich diese beiden Elemente voneinander trennen. Möglicherweise konnte so das Pferd von einem Schaukelpferd zu einem Rollpferd umfunktioniert werden - sofern man die hierfür notwendigen Räder zur Hand hatte.

Dieses Spielzeugpferd wurde vermutlich vor dem zweiten Weltkrieg im Raum Bischofsheim hergestellt. Seit 1862 existierte in Bischofsheim eine Schnitzschule, die eine bis heute lebendige Schnitztradition in der Region begründete. Noch immer ist die Gemeinde am Fuß des Kreuzbergs mit der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauer ein Ausbildungszentrum für angehende Künstler in Deutschland.

Früher war die Herstellung von geschnitzten Spielsachen, Holzschuhen, später auch Souvenirs, vor allem im Winter, wenn in der Landwirtschaft weniger Arbeit anfiel, eine wichtige Einnahmequelle.

Mehrere Generationen von Kindern hatten bis in die 1970er Jahre mit unserem Pferd gespielt. Die rote Satteldecke hatte allerdings auch der letzte Nutzer und Spender schon nicht mehr gekannt. Die Freude am Spielen war dadurch aber nicht getrübt worden. Heute ist das Angebot an Spielsachen unermesslich und die meisten Produkte haben einen weiten Weg hinter sich, bevor sie bei uns in den Regalen landen. Geblieben ist die Faszination für Pferde in unterschiedlichen Ausführungen, heute meist aus Kunststoff oder Plüsch.