Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Oktober 2021

Grabschmuck

  • Inventarnummer: 32866
  • Herkunft: Privatbesitz, Bad Brückenau
  • Perlkranz, 1. Hälfte 20. Jahrhundert
  • Draht, Glasperlen, Papier, Blech, Glas, Gips, Garn
  • 66 cm x 58 cm x 10 cm

Die Tage um Allerheiligen und Allerseelen sind traditionell dem Gedenken an die Verstorbenen gewidmet. Aus diesem Anlass werden bis heute vielerorts auf den Friedhöfen die Gräber besonders geschmückt. Noch bis in die 1950er Jahre waren als Grabschmuck sogenannte "Perlkränze" besonders beliebt.

Bei unserem Beispiel aus Bad Brückenau (Lk. Bad Kissingen) handelt es sich um ein besonders aufwändig gearbeitetes Objekt, das in Form und Erscheinungsbild an einen geflochtenen und mit Blüten verzierten Korb erinnert. Zentrales Element ist ein ovales Medaillon mit figürlichem Relief und Blumenkranz, geschützt durch eine gewölbte Glasabdeckung. Die Bodenplatte des Medaillons besteht aus einem Stück Blech, abgedeckt mit schwarzer Pappe. Auf diesem "Bildträger" ist eine Passionsdarstellung, der unter dem Kreuz gestürzte Christus, appliziert. Derartige Reliefs aus Gips wurden als Massenware industriell produziert und dann in handgefertigten Einzelstücken wie unserem weiterverarbeitet.

Gerahmt wird das Medaillon von mehreren Lagen kunstvoll geflochtener Drähte. Auf wabenartige Strukturen mit Stabperlen folgen mit kleinen Rundperlen verzierte Bögen sowie ein wellenförmiger Dekor, der sich "laufender Hund" nennt. Oben und unten (vom Bildfeld aus gesehen) veredeln je zwei kunstvolle, üppige Blüten und kleine grüne Blätter den Grabschmuck. Gerade diese farbigen Komponenten machen die Besonderheit des hier vorgestellten Perlkranzes aus.

Grabschmuck in Form von Perlkränzen kam gegen Ende des 19. Jahrhunderts, von Frankreich ausgehend, in Deutschland in Mode. Produktionszentren befanden sich im südwestdeutschen Raum, in Walldürn (Neckar-Odenwald-Kreis), Hettingen (Lk. Sigmaringen) sowie in Oberreifenberg (Hochtaunuskreis). Die verwendeten Glasperlen kamen meist aus Venedig oder Frankreich. In Heimarbeit wurden dann die verschiedenen Komponenten und Materialien vor allem von Frauen und Kindern zum Endprodukt verarbeitet. Dabei konnte die Fertigung eines Kranzes bis zu 20 Arbeitsstunden erfordern.

Die filigranen Gebilde waren empfindlich, zerbrechlich und teuer. Deshalb ging man vorsichtig und behutsam damit um und legte sie nur zu Beerdigungen und an Totengedenktagen an den Grabstein oder hängte sie an das Grabkreuz. Bei Regen holte man sie oft sofort ins Haus oder brachte sie erst gar nicht zum Friedhof. Konnten sich Angehörige keinen eigenen Kranz leisten, bekamen sie nicht selten von Freunden oder Verwandten ein Exemplar ausgeliehen.

Flächendeckende Verbote der Perlkränze in den 1950er Jahren ließen diese Form des Grabschmucks schließlich von deutschen Friedhöfen verschwinden.