Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats August 2022

Muschelschalen aus der Schmiede Waldberg

  • Inventarnummer: 34371
  • Muschelschalen, Verwendungszeit 1930-1950er Jahre
  • Herkunft: Privatbesitz, Waldberg (Lkr. Bad Kissingen)
  • Material: Kalzit; Pappe
  • Maße: Muscheln Muschelschalen verschiedene Größen, Pappkarton 32 cm (Länge) x 25,5 cm (Breite) x 9,5 cm (Höhe)

Dem letzten Objekt des Monats Juli folgt nun „Schlag auf Schlag“ das für den August. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn es sind Muschelschalen aus einer Schmiede. Genauer gesagt, aus der Schmiede aus Waldberg, die am 28. August 2022 als neues Exponatgebäude im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen eröffnet wurde.

Der Schmied, Eugen Hofmann, wurde 1901 als Sohn eines Schneiders in Reichmannshausen (Lkr. Schweinfurt) geboren. 1918 legte er nach dreijähriger Lehre bei einem Meister in Schweinfurt die Gesellenprüfung zum Schmied mit „gutem Erfolg“ ab. Während seiner Ausbildung lernte er die Herstellung von Hufeisen und Werkzeugen sowie die Durchführung von Reparaturen und Arbeitsschritten im Wagenbau. Auch kunstgewerbliche Arbeiten, wie die Anfertigung eines Leuchters und Zierstäben für Zäune, gehörten dazu. Nach der Lehre verließ Hofmann seine unterfränkische Heimat und arbeitete als Geselle in verschiedenen Betrieben, ehe er im Rhein-Main-Gebiet zunächst als Maschinist für Dreschkolonnen und später auch als Chauffeur tätig war.

Im September 1930 übersiedelte Eugen Hofmann nach Waldberg. Im damals schmiedelosen Ort nahm er seine Arbeit zunächst ohne feste Werkstatt auf. Er erledigte alle anfallenden Arbeiten der Landbevölkerung: Er schärfte Pickel und Pflugscharen, reparierte Geräte und Maschinen, zudem beschlug er das Vieh. Gut ein halbes Jahr später erwarb er das Anwesen der Tagelöhnereheleute Max und Antonia Schuster. Die Hofstelle bestand aus einem Wohnhaus mit kleinem Stall, einem landwirtschaftlichen Nebengebäude, einem Hofraum, einem Garten und Gemüsegarten. 1934 baute Eugen Hofmann das vorhandene Nebengebäude schließlich zur eigenen Schmiedewerkstatt um.

Schon in den 1930er Jahren erweiterte er sein berufliches Repertoire um Spengler- und Installationsarbeiten. Er führte nun auch die Verlegung von Wasserleitungen sowie die Einrichtung von ganzen Badezimmern aus. Nebenbei handelte er außerdem mit Landmaschinen und kümmerte sich um deren Reparatur und Wartung.

 45 Jahre nach Eugen Hofmanns Tod ist seine Schmiede nun ein Museumsgebäude. Bereits im Herbst 2019 fand der Abbau in Waldberg statt. Bei der Bergung des vollständigen Inventars  stießen die Museumsmitarbeiter unter anderem auf unser Objekt des Monats: Eine Pappkiste mit 34 Miesmuschel- und 51 Austernschalen sowie fünf Schneckenhäusern. Wozu Eugen Hofmann die Muscheln in der Schmiede verwendete, ist nicht abschließend geklärt. Muschelschalen bestehen aus Kalzit, auch Calciumcarbonat CaCo3 genannt, allgemein als Kalk bekannt. Wie etwa auch Quarzsand oder andere chemische Hilfsmittel könnten zerkleinerte Schalen in Verbindung mit Zunder und Holzkohlestaub als Flussmittel beim Feuerschweißen verwendet worden sein. Ohne eine solche Zugabe würde die Oberfläche des zu verschweißenden Materials bei großer Hitze zu stark ausgebrannt werden. Auch bei Ausbesserungen von Rissen und Brüchen an der Esse könnten Muschelschalen eventuell hilfreich gewesen sein, nämlich in Form einer „Spachtelmasse“.

 Ob die Muschelschalen letztlich aber wirklich in Zusammenhang mit Eugen Hofmanns Schmiedearbeit stehen oder ob sie nur ein schönes Souvenir eines Strandurlaubs sind, bleibt bislang ungeklärt.

 Habt Ihr eine Idee, wozu die Muscheln beim Schmieden gedient haben könnten oder in welchem Verwendungszusammenhang sie mit dem Schmiedehandwerk stehen? Schreibt uns gerne eine Mail bzw. eine DM bei Facebook oder Instagram. Wir freuen uns auf Eure Hinweise!