Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Juni 2022

Eisschrank

  • Inventarnummer: 23456
  • Eisschrank zur Lebensmittelkühlung, um 1930
  • Herkunft: Region Rhön-Grabfeld
  • Material: Holz, Zinkblech, Eisen (verchromt)
  • Maße: 84 cm (Höhe) x 42 cm (Breite) x 40 cm (Tiefe) 

Endlich Sommer! Gerade an heißen Tagen ist ein Kühlschrank in der eigenen Küche sehr praktisch. So lassen sich Lebensmittel lange aufbewahren und erfrischende Getränke bereithalten. Bevor elektrische Kompressor-Kühlschränke die privaten Haushalte in Deutschland eroberten, gab es bereits Vorgänger, die ohne Strom auskamen. Seit den 1870er Jahren waren sogenannte „Eisschränke“ essentielle Küchenmöbel zur Aufbewahrung von leichtverderblichen Lebensmitteln, wie Milchprodukten oder Fleisch. Blöcke oder Stangen aus Eis sorgten für die notwendige Kälte. Aufgrund ihres Preises waren solche Geräte vorerst wohlhabenden bürgerlichen oder adeligen Familien vorbehalten, kamen aber bereits zahlreich in der Gastronomie als Schank- und Zapfanlagen zum Einsatz. Einen solchen Eisschrank aus den 1930er Jahren, der in seinem Design schon große Ähnlichkeiten mit einem modernen Kühlgerät aufweist, ist unser Objekt des Sommermonats Juni.
Der Korpus des schmalen eintürigen Schranks der Firma „Eschebach-Werke AG“ ist aus Holz gefertigt und außen beige-weiß gefasst. Alle Ecken sind abgerundet. Das Signet des Herstellers ist gut sichtbar auf der Frontseite platziert. Auf der Rückseite findet sich die Modellbezeichnung „851 Z“. Die Eschebach-Werke waren ein bekannter sächsischer Hersteller von Haushaltsgeräten, insbesondere von Eisschränken.  Der Schrank ruht auf vier kurzen Beinen. Das herausnehmbare Eisfach lässt sich über einen Deckel von oben befüllen und ist durch ein Blech vom restlichen Innenraum abgetrennt. Das Schmelzwasser wird eine Rinne geleitet und fließt von dort über ein Rohr an der Rückseite der Innenwand in das Auffangbecken an der Unterseite des Schrankes. Das Schmelzwasser-Auffangbecken ist zum Entleeren als herausziehbares Schubfach gestaltet. Der Kühlraum lässt sich frontseitig mithilfe eines verchromten Griffs öffnen und ist mit einem Holzgitter horizontal in zwei Fächer unterteilt. Der komplette Innenraum ist mit Zinkblech ausgekleidet, ebenso wie das Eisfach und das Schmelzwasserbecken. Als Isoliermaterial kamen Schaf- oder Baumwolle, Kälberhaare, Torf, Schlacke oder auch Kieselgur zum Einsatz. Der Eisschrank ist größtenteils gut erhalten, allerdings sind durch das Schmelz- und Kondenswasser Feuchtigkeitsschäden im Innenraum und am Schubfach entstanden. Ein interessanter Hinweis findet sich auf der Schranktür:  Sie ziert prominent ein dreieckiger farbiger Aufkleber aus den 1950er Jahren. Er zeigt die malerisch gelegene Feinstrumpf-Fabrik „ARWA“ von Hans Thierfelder in Bischofswiesen-Berchtesgaden – 1951 errichtet und zu diesem Zeitpunkt eine der modernsten Strumpffabriken Europas. Eine Nutzung dieses Eisschranks bis in die 1950er Jahre ist somit wahrscheinlich.

Mit der Verwendung von Eis zur Kühlung von Lebensmitteln steht unser Objekt des Monats in einer langen Tradition. Bereits in der Antike kühlte man Speisen und Getränke mit Natureis. Große Blöcke wurden dafür beispielsweise aus den Alpen und den Apenninen nach Rom gebracht. Im 19. Jahrhundert hatten vor allem Brauereien einen großen Eis-Bedarf. Für die ganzjährige konstante Kühlung des Bieres in Lagerkellern wurden im Winter große Mengen an Natureis, das z. B. aus gefrorenen Seen und Flüssen geschnitten wurde, eingelagert. Mit der Erfindung einer Kompressionskältemaschine durch Carl von Linde 1876 waren es wiederum Brauereien, die zur rasanten Verbreitung der neuen Technologie beitrugen. Sie stellten fortan künstlich Stangeneis in großen Mengen her, das mit Kühlwagen, auch per Eisenbahn, über größere Entfernungen zu den privaten Abnehmern transportiert werden konnte. Elektrische Kompressor-Kühlschränke kamen in den 1910er Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika auf den Markt und waren dort bereits seit den 1930er Jahren weit verbreitet. In Deutschland waren klassische Eisschränke und auch alternative Kühlmöglichkeiten wesentlich länger im Einsatz. Im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen können Besucher eine Gemeinschaftsgefrieranlage, das „Kalthaus“ aus Nordheim v. d. R. (Lk. Rhön-Grabfeld) besichtigten. Es ermöglichte den Einwohnern ihre Lebensmittel einzufrieren, bevor private Gefriertruhen für sie erschwinglich wurden.  Erst Anfang der 1960er Jahre hatte mehr als die Hälfte der privaten Haushalte in Deutschland einen eigenen Kühlschrank und in den ländlichen Regionen verlief dieser Modernisierungsprozess verhältnismäßig langsam. Heute sind Kühl- und Gefrierschränke ein Haushaltsgerät, das selbstverständlich und unentbehrlich im Alltag ist.