Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats März 2022

Bierflasche "Haustrunk"

  • Inventarnummer: 35123
  • Bierflasche, 1950/1960er Jahre
  • Herkunft: Privatbesitz, Nordheim v. d. Rhön (Lk. Rhön-Grabfeld)
  • Materialien: Farbglas braun, Porzellan, Eisendraht
  • Maße: 27 cm (Höhe) x 7 cm (Durchmesser)

Auf den ersten Blick kommt die braune Bierflasche Vielen von uns vertraut vor. Kleine Brauereien und Craft-Beer-Hersteller benutzen heute noch klassische Bügelverschlussflaschen in unterschiedlichen Größen und Formen zum Abfüllen ihrer Biere. Doch das vorgestellte Exemplar aus der Sammlung des Fränkischen Freilandmuseums Fladungen ist mittlerweile mehr als 60 Jahre alt. Die Flasche wurde für das Brauhaus Schweinfurt maschinell aus braun gefärbtem Glas hergestellt.

Die Form der Flasche ist schlicht. Der zylindrische Körper, der sogenannte „Bauch“ verjüngt sich zum schmaleren „Flaschenhals“. Das obere Ende, der „Kopf“, zeigt zwei gegenüberliegende Seitennähte. Ein charakteristisches Merkmal der industriellen Produktion. Zwei seitliche Vertiefungen am Flaschenkopf nehmen den gebogenen Draht des Bügelverschlusses - in der Fachsprache auch „Lochmundverschluss“ genannt - auf. Er besteht außerdem aus einem weißen Porzellanstopfen mit einer umlaufenden Nut zur Aufnahme des charakteristischen roten Gummirings. Dieser fehlt bei der präsentierten Flasche. Am Flaschenboden verweist ein Markenzeichen, ein erhabenes stilisiertes „G“ mit einer Krone, auf den Hersteller: die Gerresheimer Glashütte AG in Düsseldorf. Damals einer der größten Flaschenhersteller Deutschlands. Zudem ist dort die Nennfüllmenge „0,5 l“ und darüber der Schriftzug „DIN“, der auf die Einhaltung der entsprechenden Normvorschiften hinweist, zu finden.
Auffällig ist die weiße Bedruckung auf der Vorder- und Rückseite: Am Bauch das Firmenzeichen des Brauhauses Schweinfurt, ein Kreisornament mit rundbogigen Zierformen am Außenrand. Mittig darin ein Adler, der seine Schwingen ausbreitet. Am Übergang zum Flaschenhals befindet sich ein Spruchband mit der Inschrift „Haustrunk“ und darunter der Hinweis „unverkäuflich“.

Naturalien waren lange Zeit fester Bestandteil der Entlohnung. In Brauereien erhielten Mitarbeiter*innen traditionell Bier, das unversteuert abgegeben wurde.
Um den Weiterverkauf zu unterbinden, war es vorgeschrieben das Getränk in eindeutig gekennzeichnete Flaschen zu füllen.
1880 bot man den Brauereiarbeitern noch 10 Liter am Tag an. Heute sieht der Tarifvertrag im Braugewerbe für Bayern einen steuerfreien Mindestanspruch von 36 Litern pro Woche vor. Anstelle von Bier können mittlerweile auch alkoholfreie Getränke bezogen werden.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war der Haustrunk allerdings häufig ein Dünnbier - auch Scheps genannt - mit lediglich zwei Volumenprozent Alkohol. Dazu setze man den bereits ausgekochten Treber ein zweites Mal zu einem Sud an. Dünnbiere waren preiswert und wurden deshalb vom Gesinde und von Handwerkern gerne konsumiert.
Im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen steht am 13. April 2022 wieder das traditionelle Einbrauen des Museumsbieres an. Im historischen Gemeindebrauhaus aus Alsleben entsteht das süffige Hausbrau, das ab Anfang Juni in Literflaschen mit Bügelverschluss im Museumsladen zum Verkauf angeboten wird.