Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Oktober 2022

Dechentreiter Dreschmaschine, Modell JD 51

  • Inventarnummer: 7522
  • mobiler Dreschkasten, um 1950
  • Herkunft: Rhön-Grabfeld
  • Material: Holz, Eisen; gegossen, gesägt, geschraubt
  • Maße: 3,8 m (Länge) x 2,3 m (Breite) x 2,3 m (Höhe)

Fortschrittlich, modern und geradezu revolutionär wirkten Dreschmaschinen auf die bäuerliche Bevölkerung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie vereinfachten den arbeitsintensiven Handdrusch nach der Getreideernte enorm. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren geschätzt 650.000 solcher Maschinen in Deutschland im Einsatz.

Exemplarisch für den Höhepunkt dieser Maschinengattung steht die Dechentreiter, Modell „JD 51“ aus der Sammlung des Fränkischen Freilandmuseums Fladungen.

Josef Dechentreiter gründete 1912 eine Maschinenfabrik in Asbach-Bäumenheim bei Donauwörth, die sich speziell auf Dreschapparate konzentrierte. Die Firma stellte beispielsweise 1922 die erste elektrisch angetriebene Maschine dieser Art vor.
Das Fladunger Exponat ist ein mobiler, d.h. fahrbarer Dreschkasten, der in den 1950er Jahren gebaut wurde. Im Holzgehäuse sind verschiedene Arbeitsschritte vereint. Die getrockneten Garben werden oben eingelegt und gelangen in das „Herz“ der Maschine, eine Trommel, die vom sogenannten „Dreschkorb“ umschlossen ist. Der Zylinder mit Schlagleisten rotiert während des Betriebs mit hoher Drehzahl. Er schlägt die Körner aus den Ähren heraus, diese fallen durch den Dreschkorb. Das Stroh gelangt auf einen Schüttler, der es zum Auswurf transportiert. Im Anschluss trennt die Maschine mit Hilfe einer aufwändigen Reinigungstechnik durch weitere Schüttler, Siebe und eine Windreinigung die Spreu, Steine, Sand und Unkräuter vom eigentlichen Getreidekorn. Die Dechentreiter erreichte so eine Körnerleistung von beachtlichen 550 bis 750 kg in der Stunde. Der Kraftbedarf lag bei fünf bis sechs PS. Besonders in der kleinbäuerlich geprägten Rhön kamen bis zum Ende der 1950er Jahre wegen der einfachen Betriebsbedingungen viele dieser Maschinen zum Einsatz.

Der Getreidedrusch war ursprünglich ein langwieriger und mühsamer Prozess. Mit Dreschflegeln oder -stöcken ausgerüstet, arbeitete eine ganze Bauernfamilie, einschließlich Mägden und Knechten, von Oktober bis zum Mai des Folgejahres daran Stroh, Spreu und Körner manuell zu trennen.

Die Erfindungen der Schlagleistendreschmaschine 1786 und des Stiftendreschers 1831 reduzierten den hohen Arbeits- und Personenaufwand erstmals. Diese frühen Dreschapparate lösten aber nur das Korn aus der Ähre. Stroh, Spreu, Unkrautsaaten und Getreidekörner fielen ungetrennt aus der Maschine. Das bedeutete weiterhin eine enorme Nacharbeit. Um die Reinigungs- und Sortierarbeiten zusätzlich zu vereinfachen, ergänzte man die Dreschmaschinen mit den zeitgleich erfolgten Innovationen aus der Mühlentechnik, wie dem Trieur, Gebläsen, Siebkästen aber auch Strohschüttlern.
So entwickelte sich aus einer einfachen händisch betriebenen Maschine ein technisch komplexer Dreschkasten, der nun aber eine weitaus höhere Antriebsleistung erforderte. Die populärste Kraftquelle waren seit den 1860er Jahren Göpel, die von Pferden oder Rindern angetrieben wurden. Doch bereits ein Jahrzehnt später lösten bewegliche Dampfmaschinen, sogenannte „Lokomobile“, den tierischen Antrieb ab. Doch Lokomobile waren sehr teuer. Nur Eigentümer wirtschaftlich erfolgreicher Höfe konnten sich solch eine Motorisierung leisten. Im kleinbäuerlichen Bereich bildeten sich entweder Gemeinschaften, die zusammen eine Dreschgarnitur aus Maschine und Kraftantrieb erwarben und im Anschluss nacheinander das Getreide ausdroschen. Oder ein Lohndruschunternehmen übernahm die Getreidebearbeitung. Diese zogen mit ihren mobilen Dreschkolonnen und Arbeitern in den Herbstmonaten über das Land und konnten von den Landwirten „angemietet“ werden.

Mit der zunehmenden Elektrifizierung auf dem Land setzte sich seit den 1930er Jahren der elektrische Kraftantrieb in der Landwirtschaft allgemein durch. Somit stellte auch der Betrieb größerer und leistungsstärkerer Dreschwägen kein Hindernis mehr dar. In der Folgezeit stiegen die Absatzzahlen von Dreschmaschinen stark an. Apparate in allen Größen und Leistungsklassen waren verfügbar. Firmen wie Dechentreiter, Ködel & Böhm oder Lanz profitierten von dieser Entwicklung.
Doch schon seit den 1930er Jahren erfolgte die Integration eines weiteren Arbeitsschrittes – nämlich der Ernte – in die Dreschmaschine.
Der zunächst noch von einem Schlepper gezogene Mähdrescher sollte ab den 1950er Jahren als Selbstfahrer die Dreschwägen endgültig verdrängen.
Die zugrunde liegende Technik des Schlagleistendreschers blieb jedoch identisch.

Viele historische Dreschkästen sind aufgrund der enormen produzierten Stückzahlen erhalten geblieben und auch heute noch betriebsfähig. So auch die Fladunger Dechenreiter, die jedes Jahr zum Drusch der eigenen Museumsgetreideernte zum Einsatz kommt. Ihr charakteristisches Betriebsgeräusch, ein Summen und Brummen, je nachdem wie viele Garben eingeworfen werden, zieht die Besucher magisch in ihren Bann.