Fränkisches Freilandmuseum Fladungen

mit dem Rhön-Zügle

Objekt des Monats Mai 2023

Tellereisen aus Herschfeld

  • Inventarnummer 30936
  • Tellereisen, Ende 19. Jahrhundert
  • Herkunft: Privatbesitz, Herschfeld (Lkr. Rhön-Grabfeld)
  • Material: Eisen; geschmiedet, genietet, geschraubt
  • Maße: 29,2 cm (Länge) x 23 cm (breit) x 16,5 cm (hoch); Durchmesser Bügel 20,5 cm; Durchmesser Teller 17 cm

Im Laufe der Jahrtausende domestizierte der Mensch verschiedene Tiere, um von ihnen zu profitieren. Zu den uns bekannten Nutztieren zählen vor allem Rinder, Hühner und Schweine. Wir trinken ihre Milch, verwenden ihre Eier und essen ihr Fleisch. Wildtiere dagegen werden seit jeher vom Menschen aus verschiedenen Gründen gejagt: Weil sie schön aussehen und ihre Körperteile wertvoll sind, weil ihr Fleisch schmackhaft ist oder weil sie die menschliche Lebenswelt bedrohen.

Bei der Erfindung von Fallen zeigten sich die Menschen kreativ. Einige dieser Erfindungen wirken heute besonders martialisch und brutal, unter anderem auch unser neues Objekt des Monats: ein sogenanntes "Tellereisen". Weitere außergewöhnliche Fallen und "Bekämpfungsmittel" gegen sogenannte Schädlinge zeigt unsere aktuelle Sonderausstellung "Tierisch nützlich – Der Mensch und sein Vieh", die ab 21. Mai 2023 im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen zu sehen ist.

Um ein Tier mit der Falle zu fangen, wird die Feder nach unten gedrückt und die zwei gezahnten Bügel anschließend nach außen gespannt. Als Sicherung beim Aufstellen dient ein L-förmig gebogenes Rundeisen am Ende der Falle, das in Richtung der Feder gedreht wird und diese gedrückt hält. Durch das Einklemmen eines seitlichen Stellhakens bleibt das Tellereisen gespannt. Wird die Sicherung entfernt, ist es scharf gestellt. Der Tritt eines Tieres auf den Teller löst den Stellhaken und die Bügel schnappen nach oben. Dabei wird das Bein eingeklemmt und stark verletzt – im Extremfall gebrochen – und so das Weglaufen verhindert. Damit sich das gefangene Tier nicht doch samt der Falle wegschleppt, ist hinter der Federsicherung eine Eisenöse angeschraubt, durch die eine Kette geführt werden kann. Mithilfe eines Ankers wird die Kette im Boden befestigt.

Tellereisen dienten – je nach Größe – zur Jagd auf verschiedene Tierarten. In erster Linie sollte Raubwild gefangen werden, beispielsweise Wölfe, Dachse, Füchse, Fischotter, Marder, Biber oder auch Raubvögel. Bei der Jagd auf diese Tiere spielten verschiedene Beweggründe zusammen: Das Tellereisen sollte vor allem Schäden an der menschlichen Lebenswelt verhindern, also dass Nutztiere gerissen, Wälder verbissen oder gar Menschen angegriffen werden. Außerdem ließen sich aus Fell, Federn und anderen Körperteilen nützliche Alltagsgegenstände oder sogar modische Accessoires herstellen. Weil sich das Tier "nur" an einem Bein verletzte, blieben die begehrten und nutzbaren Teile weitestgehend unversehrt.

Bereits 1934 wurde der Einsatz von Tellereisen im Reichsjagdgesetz verboten. Das darauf basierende Bundesjagdgesetz hielt sowohl 1952 als auch in den Überarbeitungen 1976 und 2011 an diesem Verbot fest. Auf EU-Ebene untersagt die sogenannte "Tellereisenverordnung" seit 1. Januar 1995 die Verwendung der Fallen.

Diese Gesetze verbieten allerdings ausdrücklich nur die Nutzung von Tellereisen, nicht aber ihre Produktion und den Verkauf. Noch immer werden sie in Deutschland hergestellt und exportiert oder als Sammlerexemplare vertrieben. Zudem finden sie durch Wilderer weiterhin illegal Verwendung. Viele Tiere verenden durch den gesetzeswidrigen Fang mit Tellereisen qualvoll, darunter nicht nur Wildtiere, sondern auch Hauskatzen oder Hunde.

Aktuell bestimmt die Debatte um Raubwild wieder die Medien: Egal ob Wölfe oder Bären, sie werden als Bedrohung für die Nutztierhaltung und den Menschen wahrgenommen. Beide Arten stehen aber unter strengem Schutz der Europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinge und dürfen nur im Ausnahmefall gejagt werden. Dabei spielen sie eine wichtige Rolle für das Ökosystem: Sie fressen Aas und jagen kranke Tiere.