Objekt des Monats Oktober 2023
Sackausklopfmaschine
- Inventarnummer: 24514
- Sackausklopfmaschine, Anfang 20. Jahrhundert
- Herkunft: Privatbesitz, Oberbach (Lkr. Bad Kissingen)
- Material: Holz, Eisen, Messing, Leder, Papier; gesägt, geschraubt, genagelt, geklebt
- Maße: 85 cm (Länge) x 92,5 cm (Höhe) x 46 cm (Tiefe)
Im Herbst neigt sich das bäuerliche Wirtschaftsjahr dem Ende entgegen. Bereits im Sommer wurde das reife Getreide vom Feld eingebracht und nun in der kalten Jahreszeit nach und nach ausgedroschen. Vor Erfindung der Dreschmaschine war der Handdrusch von Getreide üblich. Die ganze Bauernfamilie mit Mägden und Knechten löste mit Dreschflegeln und Muskelkraft Spreu und Körner vom Halm. Das frisch gedroschene Getreide wurde anschließend in Korntruhen verwahrt und bei Bedarf weiterverarbeitet.
Ein Produkt war für die Ernährung besonders wichtig: Mehl. Dazu brachte die Landbevölkerung ihr Korn zu den örtlichen Mühlen. Als Transportmittel diente ein robuster Leinensack. In der Mühle wurde es vermahlen, im Anschluss wieder in grobe Leinensäcke gefüllt und zurück zum Hof gebracht oder verkauft. Dass dabei eine gewisse Hygiene notwendig war, belegt unser neues Objekt des Monats, eine Sackausklopfmaschine.
Das Gerät besteht aus einer hölzernen rechteckigen Grundkonstruktion. An der Oberseite des Korpus lassen sich zwei Klappen öffnen, wobei der zu reinigende Sack von vorne in die Maschine gelegt wird. Das Drehen der seitlichen Kurbel versetzt im Inneren eine Welle mit hölzernen Schlägern in Bewegung. Durch die Rotation klopfen diese das festsitzende Mehl aus dem Sack, das nach unten rieselt. Dort sammelt es sich in einer ausziehbaren Schublade, wodurch die Maschine relativ einfach zu entleeren und reinigen ist. Auf dem Maschinendeckel ist ein Messingschild angebracht, das die „Gebrüder Meinecke Maschinenfabrik“ aus Zerbst in Sachsen-Anhalt als Hersteller nennt. Zudem war an die Unterseite des Deckels ein mit Nutzungshinweisen bedrucktes Papier geklebt, das heute nur noch in Resten erhalten ist.
Neben Müllern nutzten auch die Bäcker Ausklopfmaschinen, um die Mehlsäcke zu säubern. Das war wichtig, denn Rückstände im Sack konnten mit der Zeit schimmeln oder einen Nährboden für Bakterien und Schädlinge bilden. Kam es zu Schimmelbefall, war der Sack unbrauchbar und im schlimmsten Fall sogar die Gesundheit gefährdet. Das Auswaschen der Säcke stellte keine Alternative dar, weil das Mehl ins Gewebe eindrang und verklebte. Und das Ausklopfen per Hand war deutlich zeitintensiver und ineffektiver. Folglich entwickelte sich die Sackausklopfmaschine durch ihren einfachen und effizienten Betrieb spätestens seit dem Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert zur etablierten Reinigungsmethode.
Zeitgleich, nämlich 1889, gründete sich in Zerbst (Lkr. Anhalt-Bitterfeld) die Gebrüder Meinecke Maschinenfabrik, die sich auf die Fertigung von Bäckereigeräten spezialisierte. Im Jahr 1900 ließ sich das Unternehmen eine Sackausklopfmaschine patentieren. Zur Produktpalette gehörten aber auch Teigteilmaschinen, Backtröge, Garschränke sowie Sieb- und Mischmaschinen.
Die Anschaffung einer Sackausklopfmaschine lohnte sich für Müller und Bäcker durchaus. Bis zu 100 Gramm Mehl pro Sack ließ sich auf diese Weise zurückgewinnen. Das sogenannte „Klopfmehl“ wurde anschließend als Viehfutter verkauft und brachte damit auch noch einen kleinen Zusatzverdienst. Heute wird Mehl meist in Papiersäcke abgefüllt, wodurch es atmen und Feuchtigkeit absondern oder aufnehmen kann. Diese Entwicklung entzog der Sackausklopfmaschine ihren Nutzen. In der Museumssammlung dokumentiert sie die zunehmende Bedeutung von Hygiene im traditionellen Lebensmittelhandwerk an der Schwelle zum 20. Jahrhundert.